Seit 2018 führt Corina Neuse (geb. Richter) das Account Management bei intermedix. Als Expertin für Vertrieb und Marketing in der Healthcare-Branche gibt sie im Interview einen spannenden Einblick in die Herausforderungen der Unternehmen und verrät, wo häufig noch ungenutztes Potenzial zu heben ist.
Sie sind nun seit mehreren Monaten als Vertriebsleiterin bei intermedix und haben Ihre ersten Termine bei Marketing- und Produktmanagern aus der Healthcare Branche. Was bewegt die Branche aktuell? Was sind typische Herausforderungen?
Meine ersten Gespräche fanden bei sehr unterschiedlichen Unternehmen statt: vom Kosmetikkonzern, über kleine RX-Unternehmen mit Nischenprodukten bis hin zum klassischen OTC-Hersteller. All diese Unternehmen stehen vor der Herausforderung, die Vielfalt der Kommunikationskanäle in Einklang zu bringen und bestmöglich auszurichten. Besonders groß ist die Verunsicherung, wenn es um den richtigen Zeitpunkt der Marketingmaßnahmen geht. Wann treffen Arzt, Apotheker oder Patient die Entscheidung für mein Präparat? Welche Informationen benötigt er zu welchem Zeitpunkt, um seine Entscheidung zu treffen? Vor ein paar Jahren noch hat die klassische "Gießkanne" ihren Zweck erfüllt. Doch heute ist der Anspruch deutlich höher: erfolgreiche Kampagnen müssen individuell und speziell für jedes Produkt ausgesteuert werden. Das erfordert ein tiefes Wissen über die Gewohnheiten der Zielgruppe, aber auch einen Einblick in Auswertungen und Marktzahlen. Das Thema Messbarkeit von Maßnahmen ist nicht mehr aus dem Marketingalltag wegzudenken.
Die Unternehmen erwarten von uns eine sehr viel anspruchsvollere, individuellere Beratungsleistung mit vertiefenden Einblicken und flexible Kundenlösungen. Eine Herausforderung auf die ich mich mit meinem Team sehr freue.
Sie arbeiten seit vielen Jahren in unterschiedlichen Positionen der Gesundheitsbranche und kennen den Markt und die Trends aus verschiedenen Blickwinkeln, wo sehen Sie die größten Chancen für Pharma-Unternehmen und wo den größten Handlungsbedarf?
Auch wenn es abgedroschen klingt und es keiner mehr hören kann: Der größte Handlungsbedarf liegt immer noch in der Digitalisierung. Jeder ist müde davon, aber eher selten sieht man in der Pharma-Industrie wirklich Bewegung. Digitalisierung heißt nicht, dass man das Fax durch eine E-Mail im Marketing austauscht. Es geht vielmehr darum, die technischen Innovationen und insbesondere die neue Vielfalt der Daten nutzbar zu machen und dann sinnvoll einzusetzen. Natürlich ist das ein gewaltiger Spagat zwischen der steigenden Verfügbarkeit und Vielfalt der Daten auf der einen Seite und den immer stärker werden Reglementierungen auf der anderen Seite. Aber Unternehmen sollten sich nicht entmutigen lassen und sich schon gar nicht auf einem vermeintlichen Erfolg ausruhen. Man sieht in anderen Branchen, welche Eigendynamik die Digitalisierung entwickeln kann und den Wettbewerb in kürzester Zeit entscheidet.
Ein erfolgreiches Marketing ist ein komplett rundes Marketing: ganzheitlich, einheitlich und nachhaltig.
Corina Neuse, Vice President Sales – Vertriebsleitung bei intermedix
In Ihrer Laufbahn als Leiterin für die Bereiche Marketing und Business Development mit vertrieblichen Schwerpunkten haben Sie viele Unternehmen aus der Pharma-Industrie intensiv kennengelernt. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolgsfaktoren für erfolgreiches Pharma-Marketing?
Ganz klar: Ein erfolgreiches Marketing ist ein komplett rundes Marketing: ganzheitlich, einheitlich und nachhaltig. Ich meine damit, dass eine Marketingstrategie im gesamten Unternehmen ernsthaft gelebt und ausgeführt wird, über alle Abteilungen hinweg: von der Geschäftsführung, dem Außendienst, Produktmanagement bis hin zur Service-Hotline. In Richtung Kunde muss die Botschaft über alle Kommunikationskanäle gleich formuliert sein und sich an seinen Bedürfnissen ausrichten.
Das mag vielleicht pathetisch klingen, aber ich sehe dies als entscheidenden Wettbewerbsfaktor und zugleich schwierigste Aufgabe. Nicht allen Unternehmen gelingt das heute optimal.
Und einmal über den Tellerrand geschaut, was können Pharma-Unternehmen von anderen Branchen lernen?
Mut. Das ist eine der Eigenschaften, die andere Branchen deutlich besser leben. In der Pharma-Industrie erlebe ich oft, dass Unternehmen sich sehr konservativ und zurückhaltend verhalten. Nach dem Credo: lieber erst einmal abwarten und schauen, wie es die anderen machen.
Viele große Unternehmen aus anderen Branchen machen es mittlerweile den erfolgreichen Start-Ups nach und schaffen wieder kleine, unabhängige Teams. Diese können dann losgelöst mit deutlich mehr Geschwindigkeit und Unabhängigkeit neue Dinge erschaffen. Der Pioniergedanke steht im Fokus und wird ernsthaft gelebt. Stichwort: trial and error. Man wagt, lernt, adaptiert und wird dann besser. Ich empfehle Unternehmen immer wieder, Projekten und Ideen eine Chance zu geben und nicht immer sofort auf den Return on Invest (ROI) zu schauen.
Zur Person
Seit 1. Juni 2018 leitet Corina Neuse (geb. Richter) als Vice President Sales das Account Management Team bei der intermedix Deutschland GmbH. Zuvor war sie als Head of Marketing Communications & Sen. Manager Business Development 3 Jahre bei sellxpert, einem Personaldienstleister spezialisiert auf die Healthcare- und Pharmaindustrie. Ihren Einstieg ins Berufsleben starte Corina Neuse von 2011- 2015 als Account-Managerin und Projektleiterin bei coliquio, Deutschlands größtem Ärztenetzwerk.
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