Interview: Erkrankungen früher erkennen

Header-Banner mit Foto von Dr. Andrea Cordes
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Der Diagnoseweg bei vielen Patienten ist lang - nicht nur bei den seltenen Erkrankungen, sondern auch bei häufigen Erkrankungen oder Komorbiditäten von Volkskrankheiten. Innovative, digitale Lösungen können dazu beitragen, die Zeit bis zur passenden Diagnose zu verkürzen. Im Interview erläutert Dr. Andrea Mareike Cordes, Medical Communication Consultant Rare Disease bei intermedix, wie digitale Tools Ärzte bei der Aufklärung zu Diagnose-Möglichkeiten oder der Information zu einzelnen Therapieoptionen unterstützen können.

 

Ärzte sind top ausgebildet, was war der Grund für die Entwicklung eines digitalen Tools zu Diagnose-Möglichkeiten in der ärztlichen Praxis?

In der Praxis erleben viele Ärzte die Herausforderung, Erkrankungen rechtzeitig erkennen zu müssen - unter einem gewissen Zeitdruck und manchmal mit nicht ganz eindeutigen Krankheitssignalen. Uns wird dabei immer wieder berichtet, dass bei seltenen Erkrankungen eine diffuse Symptomatik häufig für eine spätere Diagnose verantwortlich ist. Gleichzeitig gilt es, aktuelle Informationen zu Therapieoptionen parat zu haben. Auch bei den nicht so seltenen Erkrankungen können Symptome nicht ganz eindeutig sein. Daher die Idee, Ärzten in solchen Fällen ein evidenzbasiertes Tool zur Seite zu stellen – und zwar direkt im Arbeitsprozess, ohne Unterbrechung des Workflows im Praxisalltag.

Wie funktioniert ein solcher digitaler Assistent konkret in der Arztpraxis?

Die Arztsoftware analysiert im Hintergrund patientenspezifische Daten aus der Patientenakte, etwa Symptome, ICD-Codes und Laborwerte - grundsätzlich kann alles herangezogen werden, was die Ärzte in der Akte hinterlegt haben. Wenn ein bestimmtes Muster erkannt wird, erscheint ein Hinweis an den Arzt. Er verweist beispielsweise auf ein kompaktes Info-Sheet mit Diagnosekriterien, etwa aus Leitlinien, oder weiterführende Informationen und Handlungsempfehlungen – zum Beispiel die Empfehlung für einen Gentest oder den Kontakt zu einem spezialisierten Zentrum. Eine Liste mit solchen Kontakten wird dann selbstverständlich bereitgestellt. 

Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung?

Die größte Herausforderung lag darin, die medizinische Tiefe mit technischer Umsetzbarkeit im Praxisalltag zu verbinden - und das für alle relevanten auf dem Markt befindlichen Arzt-Informationssysteme der CGM CompuGroup Medical. Die CGM-Systeme erreichen mehr als jeden zweiten niedergelassenen Arzt in Deutschland. Die Lösung ist daher so konzipiert, dass sie nahtlos in die jeweils genutzte Software integriert ist und ohne zusätzlichen Aufwand genutzt werden kann. Die Hinweise sind integriert in den ganz normalen Workflow der Ärzte.

Wie wird sichergestellt, dass die Hinweise medizinisch fundiert sind?

Die Inhalte basieren auf aktueller Evidenz, also Leitlinien, Fachpublikationen und medizinischem Best Practice und werden mit Experten entwickelt und von ihnen geprüft. Die Ausspielung erfolgt patientenspezifisch und kontextsensitiv – also nur, wenn ein tatsächlicher Verdacht besteht. In der Regel sind mehrere Filtersets in Form regelbasierter Algorithmen hinterlegt, die sehr komplex sein können. Wichtig für uns ist, diese Filterkriterien auf Basis der Erkenntnisse aus der realen Versorgung immer weiter zu optimieren, damit sie beispielsweise nicht zu häufig auslösen - aber eben möglichst auch keine Patienten "übersehen" werden.

Welche Effekte konnten bisher beobachtet werden?

Wir sehen, dass durch die Integration solcher digitaler Technologien Ärzte viele Verdachtsfälle im Bereich der seltenen Erkrankungen leichter in Erwägung ziehen. Das kann zu einer früheren Diagnostik und einer passenderen Versorgung führen - schneller als bisher. Gleichzeitig stärken solche Lösungen das ärztliche Vertrauen in unsere digitalen Tools, weil sie als echte Unterstützung wahrgenommen werden.